Was passiert hier gerade? Ich habe viel darüber nachgedacht in den letzten Wochen, und ich muss gestehen, dass ich nicht die geringste Ahnung habe.
Ich weiß schon, was ein Virus ist und warum Social-Distancing auf der Tagesordnung steht. Auch verstehe ich, dass die Politik gerade dabei ist, zwischen Grundrechten, Menschenleben und wirtschaftlichen Schäden abzuwägen – ein heikler Balanceakt.
Aber trotzdem ist da etwas, was ich überhaupt nicht verstehe.
Eines von Slavoj Zizeks Lieblingsbilder ist das einer Cartoon-Figur, das über eine Klippe rennt, aber nicht fällt. Erst wenn die Figur merkt, dass er keinen Boden mehr unter den Füßen hat, stürzt er in den Abgrund.
Dieser Abgrund interessiert mich seit neuestem wieder – geht es nur mir so?
Es gibt viele Erklärungsversuche im Moment. Viele Versuche, der Pandemie einen Sinn zu geben, sie verständlich zu machen, sie zu greifen. Das Gute an Corona, das Schreckliche an Corona. Zugleich könnte man meinen, wenn man Nachrichten liest, vieles sei noch beim alten: Empörung über zurückgelassene Flüchtlinge; Trump ist immer noch an allem Schuld; Impfgegner bleiben die größten Deppen; und Deutschland mag zwar Probleme haben, aber naja… (bei aller Bescheidenheit )… wir sind doch nicht Italien, Spanien oder Frankreich! Schau dir mal unsere Todeszahlen an!
Aber das ist nur die eine Seite des Geschehens. Nennen wir sie die sinnbehaftete Seite. Wenn ich dieser Tage telefoniere, höre ich durchaus dieses Sinnbehaftete, dieses Ringen um Wirtschaftsprognosen und die richtige Haltung in Corona-Zeiten, aber zwischendrin höre ich auch Leerstellen. Manchmal wird es einfach still in der Leitung. Ich sage nichts, mein Gesprächspartner sagt nichts, und dann sieht das so aus:
“…”
“… echt strange, oder?”
“Verrückte Zeit.”
“Ja … eine verrückte Zeit!”
“…”
“…”
“Voll strange, echt.”
“Richtig strange … ”
“…”
“…”
“Hast die Pest von Camus gelesen?”
“Nein, du?”
“Hab’s bestellt …”
“…”
“…”
Mit strange ist eigentlich absurd gemeint. Strange ist ein stranger Anglizismus, wenn man so will. Warum sagen alle strange in Deutschland? Vielleicht weil es vom Klang her so strange klingt? Oder haben wir Angst vor dem Wort absurd? Albert Camus’ berühmtester Roman ist übrigens nicht Die Pest, sondern L’étranger. The Stranger auf Englisch. Auf Deutsch: der Fremde.
Camus war der große Philosoph des Absurden. Ein Vertreter des Existentialismus. Jemand, der sich mit der Frage beschäftigt hat, wie man leben kann angesichts der Tatsache, dass unsere Welt sinnentleert ist.
“Es gibt nur ein wirklich ernstes philosophisches Problem: den Selbstmord.” Mit diesem Satz beginnt Albert Camus das philosophische Essay Der Mythos des Sisyphos. Zur Erinnerung: in der griechischen Mythologie ist Sisyphos die Figur, die in der Unterwelt dazu verdammt wird, jeden Tag einen schweren Stein auf einen Berg zu rollen. Am Ende des Tages rollt der Stein wieder hinunter, und Sisyphos darf von vorn beginnen.
Wer dieses Bild schrecklich findet, findet durchaus Trost bei Camus, der wie kein anderer mit dem Absurden gerungen hat und eine ganze Moral des Absurden entwirft. Camus’ Schreiben kann sehr anregend sein, es geht immer ums Ganze, seine Fragen sind stets existenzieller Natur, und er stellt sich klar gegen den Selbstmord.
Was mich zu folgender Frage führt: wie kann es sein, dass ich in den letzten Wochen zwar immer wieder von Die Pest höre, aber kaum jemand das Wort absurd in den Mund nimmt? Ist das ein Abwehrmechanismus? Sind wir vielleicht permanent damit beschäftigt, uns gegenseitig Sinnbehaftetes zu erzählen, weil wir das Offensichtliche verdrängen wollen? Kann es Zufall sein, dass der große Philosoph des Absurden einen berühmten Roman über eine Epidemie geschrieben hat?
Man muss im Übrigen gar nicht Camus’ Auffassung teilen, die Welt sei absurd, um die Wichtigkeit seiner Fragestellung anzuerkennen. Ich weiß nicht, ob die Welt absurd ist, aber ich glaube, wir kämpfen nicht nur gegen das Corona-Virus, wir kämpfen auch gegen das Absurde: Sisyphos ist stehen geblieben. Er hat aufgehört, den Stein nach oben zu rollen. Er sitzt jetzt zuhause, schaut Netflix und denkt über das Absurde nach. “Man muss sich Sisyphos als einen glücklichen Menschen vorstellen”, hat Camus gesagt.
Ist Sisyphos auch während der Pandemie glücklich?
Excellent! I thought of the Doors album from many decades ago titled People are Strange and the wildest track is: When the Music’s Over
Yeah, c’mon
When the music’s over
When the music’s over, yeah
When the music’s over
Turn out the lights
Turn out the lights
Turn out the lights, yeah
When the music’s over
When the music’s over
When the music’s over
Turn out the lights
Turn out the lights
Turn out the lights
For the music is your special friend
Dance on fire as it intends
Music is your only friend
Until the end
Until the end
Until the end
Cancel my subscription to the Resurrection
Send my credentials to the House of Detention
I got some friends inside
The face in the mirror won’t stop
The girl in the window won’t drop
A feast of friends
“Alive!” she cried
Waitin’ for me
Outside!
Before I sink
Into the big sleep
I want to hear
I want to hear
The scream of the butterfly
Come back, baby
Back into my arm
We’re gettin’ tired of hangin’ around
Waitin’ around with our heads to the ground
I hear a very gentle sound
Very near yet very far
Very soft, yeah, very clear
Come today, come today
What have they done to the earth?
What have they done to our fair sister?
Ravaged and plundered and ripped her and bit her
Stuck her with knives in the side of the dawn
And tied her with fences and dragged her down
I hear a very gentle sound
With your ear down to the ground
We want the world and we want it…
We want the world and we want it…
Now
Now?
Now!
Persian night, babe
See the light, babe
Save us!
Jesus!
Save us!
So when the music’s over
When the music’s over, yeah
When the music’s over
Turn out the lights
Turn out the lights
Turn out the lights
Well the music is your special friend
Dance on fire as it intends
Music is your only friend
Until the end
Until the end
Until the end!
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